Neue Staffel von „Vermisste Materie des Universums gefunden“

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Redaktion der Website für technologische Innovationen - 23.06.2025

Diese künstlerische Darstellung (nicht maßstabsgetreu) veranschaulicht den Weg eines schnellen Radioblitzes von seiner Ursprungsgalaxie zur Erde. [Bild: ESO/M. Kornmesser]
Fehlende Materie des Universums
Das Thema der „fehlenden Materie im Universum“ ist für Physiker und ihre Theorien alt und eher peinlich. Und die Lösungen dafür sind seit jeher umstritten.
Zunächst das Problem: Nach dem Standardmodell der Kosmologie besteht das Universum zu 70 % aus dunkler Energie (von der wir nicht wissen, was sie ist), zu 25 % aus dunkler Materie (die wir noch nie gefunden haben) und zu 5 % aus gewöhnlicher Materie, bestehend aus Atomen des Periodensystems. Das Problem ist, dass Astronomen bisher nur 50 % dieser 5 % sogenannter baryonischer Materie nachweisen konnten, was zur Prägung des Begriffs „fehlende Materie des Universums“ geführt hat – diese Liste der „Unbekannten“ ist peinlich.
Einige Teile der fehlenden Materie sind seit Jahren bekannt, doch im Jahr 2016 kam dank der Entdeckung schneller Radioblitze (RRBs) ein wirklich interessanter Vorschlag auf.
Die Ursache dieser Blitze ist noch immer ein Rätsel, doch Astrophysiker haben erkannt, dass schnelle Radioblitze genutzt werden können, um das Universum zu vermessen und so bisher unbekannte Materiestücke zu lokalisieren. Da diese Radiowellen auf ihrem Weg zur Erde jegliche Materie auf ihrem Weg, einschließlich kosmischen Staubs, durchdringen, können wir durch die Beobachtung der Galaxie und jedes FRB die Menge der auf ihrem Weg vorhandenen Materie berechnen.
Die erste Studie, in der die schnellen Strahlungsausbrüche zur Entdeckung der fehlenden Materie verwendet wurden, war umstritten, da der verwendete Ausbruch nicht genau dem entsprach, was die Astronomen ursprünglich vorgeschlagen hatten. Liam Connor und seine Kollegen am Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics ließen jedoch die Einzelheiten jedes einzelnen FRB aus und entschieden sich stattdessen dafür, ein Risiko einzugehen – indem sie viele davon verwendeten.
Wo ist die fehlende Materie des Universums?
Anstatt sich auf einen einzelnen FRB zu verlassen, erfasste das Team nicht weniger als 60 davon in Entfernungen von 11,74 Millionen Lichtjahren (FRB20200120E in der Galaxie M81) bis 9,1 Milliarden Lichtjahren (FRB 20230521B, der am weitesten entfernte bisher registrierte FRB). Dadurch konnten sie die baryonische Materie zwischen den Galaxien, im sogenannten intergalaktischen Medium, berechnen.
Indem das Team maß, wie stark jedes FRB-Signal auf seinem Weg durch den Weltraum verlangsamt wurde, verfolgte es das Gas auf seiner Reise. „FRBs wirken wie kosmische Taschenlampen“, erklärte Connor. „Sie leuchten durch den Dunst des intergalaktischen Mediums, und indem wir die Verlangsamung des Lichts präzise messen, können wir diesen Dunst selbst dann einschätzen, wenn er zu schwach ist, um ihn zu sehen.“
„Bei dem seit Jahrzehnten bestehenden ‚Problem der fehlenden Baryonen‘ ging es nie um die Existenz von Materie“, sagte Connor. „Es ging immer darum: Wo ist sie? Dank der FRBs wissen wir jetzt: Drei Viertel davon schweben zwischen Galaxien im kosmischen Netz.“
Die Ergebnisse sind robust: Etwa 76 % der baryonischen Materie im Universum befinden sich im intergalaktischen Medium. Etwa 15 % befinden sich in den Halos um Galaxien, und ein kleiner Teil ist in Sternen oder kaltem galaktischen Gas verborgen. Diese Verteilung stimmt mit Vorhersagen aus kosmologischen Simulationen überein, konnte aber bisher nie direkt bestätigt werden.
Punkte zum Unentschieden
Die Suche nach den fehlenden Baryonen ist nicht nur eine Übung im Erstellen eines Adressbuchs oder in der Durchführung einer Materiezählung. Ihre Verteilung ist der Schlüssel zur Entschlüsselung wichtiger Phänomene – zum Beispiel wie Galaxien entstehen, wie sich Materie im Universum verklumpt und wie sich Licht über Milliarden von Lichtjahren bewegt.
„Baryonen werden durch die Schwerkraft in Galaxien hineingezogen, aber supermassereiche Schwarze Löcher und explodierende Sterne können sie wieder herausstoßen – wie ein kosmischer Thermostat, der die Umgebung abkühlt, wenn die Temperatur zu hoch wird“, sagte Connor. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Rückkopplungsschleife effizient sein muss und Gas aus Galaxien in das intergalaktische Medium ausstößt.“
Astrophysiker suchen nun weiter nach weiteren FRBs, um die Aussagekraft ihrer Berechnungen zu erhöhen. Doch es gibt noch einige offene Fragen: Neben der Ungewissheit über die Ursache dieser enormen Energieausbrüche gibt es eine Beziehung, die sogenannte Macquart-Relation . Diese besagt, dass ein FRB umso mehr diffuses Gas zwischen den Galaxien freilegt, je weiter entfernt er gefunden wird. Doch nicht alle FRBs befolgen diese Regel.
Artikel: Ein gasreiches kosmisches Netz enthüllt durch die Aufteilung der fehlenden Baryonen
Autoren: Liam Connor, Vikram Ravi, Kritti Sharma, Stella Koch Ocker, Jakob Faber, Gregg Hallinan, Charlie Harnach, Greg Hellbourg, Rick Hobbs, David Hodge, Mark Hodges, Nikita Kosogorov, James Lamb, Casey Law, Paul Rasmussen, Myles Sherman, Jean Somalwar, Sander Weinreb, David Woody, Ralf M. KonietzkaMagazin: Nature AstronomyDOI: 10.1038/s41550-025-02566-yWeitere Neuigkeiten zu:
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